FRANKFURT (dpa-AFX) - Strahlt der goldene Börsenmonat Oktober in den November hinein? Diese Frage stellen sich die Anleger nach dem fulminanten Kurszuwachs der vergangenen Wochen. Die Chancen auf einen glanzvollen Beginn im November stehen angesichts der weiterhin expansiven Geldpolitik der Notenbanken nicht schlecht, auch wenn die Währungshüter in den USA die Tür für eine Zinswende noch in diesem Jahr weit offen gelassen haben.
Die Experten der WGZ Bank sehen jedenfalls die Aktienmärkte vor einer Fortsetzung der jüngsten Aufwärtsbewegung und verweisen dabei auch auf die günstige Saisonalität: November und Dezember waren in der Vergangenheit meist starke Börsenmonate. Eine Jahresendrally, wie sie sich derzeit abzuzeichnen scheint, will wohl niemand verpassen. Dem Dax (DAX) fehlt bis zu seinem bisherigen Rekordhoch bei 12 390 Punkten zwar noch ein gutes Stück. Bei den Indizes aus der zweiten und dritten Reihe, dem MDax (MDAX) und SDax (SDAX), sind es aber mittlerweile nur noch wenige Prozent bis zum Erreichen der Bestmarken.
"Vor dem Hintergrund der anhaltenden monetären Expansion, eines per saldo nach wie vor günstigen Gewinnpotenzials beim Dax und fehlender Anlage-Alternativen raten wir weiterhin zu einer Übergewichtung von Aktien", heißt es von der Landesbank Baden-Württemberg. Allerdings werde die Luft nach der Aufholjagd der vergangenen Wochen wieder dünner.
Weil eine mögliche Zinsanhebung in den USA dem Dollar Auftrieb gibt und im Gegenzug den Euro eher schwächt, dürften die Anleger in nächster Zeit zudem eher deutsche beziehungsweise europäische Aktien zulasten amerikanischer Werte bevorzugen. Ein schwacher Euro erhöht die Exportchancen der Unternehmen aus der Eurozone.
Notenbank-Liquidität und günstiger Euro als Treiber für höhere Aktienkurse sind allerdings längst nicht alles. Wichtig wird auch sein, dass die in der neuen Woche anstehenden Quartalsberichte überzeugen beziehungsweise die Erwartungen zumindest erfüllen. Bislang sei die Ergebnisentwicklung des dritten Quartals insgesamt eher verhalten ausgefallen, konstatieren die Aktienprofis der DZ Bank. Dies bestätige ihren Eindruck, dass sich die rückläufige Konjunkturdynamik der Schwellenländer und der Weltwirtschaft insgesamt auch in der Ergebnisentwicklung der Industrieländer schrittweise zeigen werde.
Die Berichtssaison legt in der neuen Woche einen ordentlichen Zahn zu. Neben zahlreichen Unternehmen aus TecDax, MDax und SDax legen allein aus dem Dax neun Konzerne ihre Geschäftszahlen vor. Die Commerzbank (XETRA:CBKG) macht am Montag den Anfang. Am Dienstag folgen der Immobilienkonzern und Dax-Neuling Vonovia (XETRA:VNAn) und der Autobauer BMW (XETRA:BMWG). Zur Wochenmitte ist der Konsumgüterproduzent Beiersdorf (XETRA:BEIG) an der Reihe, bevor am Donnerstag mit HeidelbergCement (XETRA:HEIG), der Deutschen Telekom (XETRA:DTEGn), dem Sportartikelhersteller Adidas (XETRA:ADSGn) und dem Rückversicherer Munich Re (ETR:MUV2) gleich vier Dax-Größen auf der Agenda stehen. Den Schlusspunkt setzt am Freitag die Allianz (XETRA:ALVG).
Außerdem wird am Freitag wohl die Container-Reederei Hapag-Lloyd den Schritt an die Börse wagen - eine Woche später als ursprünglich geplant. Als Grund für die geänderten Pläne nannte die Reederei die Schwankungen an den Kapitalmärkten. Hapag-Lloyd musste schmerzliche Zugeständnisse an die Investoren machen. Statt für 23 bis 29 Euro sollen die Aktien nun für 20 bis 22 Euro auf den Markt kommen. Damit die mit dem Börsengang verbundene Kapitalerhöhung trotzdem den geplanten Emissionserlös von 300 Millionen US-Dollar (265 Millionen Euro) bringt, wird die Zahl der neuen Aktien von 11,5 Millionen auf 13,2 Millionen Stück erhöht.
Bei den Konjunkturdaten aus Deutschland dürften in der neuen Woche die Auftragseingänge (Donnerstag) und die Industrieproduktion (Freitag) Beachtung finden. Bei den Daten aus den USA interessiert der am Montag erwartete Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe. Zentrales Ereignis ist aber die am Freitag anstehende Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts.
Die Postbank geht davon aus, dass die Arbeitslosenquote im Oktober bei 5,1 Prozent verharrt hat. Jedoch erwarten die Experten für die neu geschaffenen Stellen erneut nur einen moderaten Anstieg um 175 000 gegenüber dem Vormonat. Insgesamt sei wohl mit einer deutlichen Abschwächung der Beschäftigungsdynamik am US-Arbeitsmarkt zu rechnen.
Die Tür für eine Zinswende der US-Notenbank, die ihre Zinsentscheidung ja bekanntlich von der Entwicklung des Arbeitsmarktes abhängig macht, dürfte dann zwar weiter offen bleiben, womöglich aber nicht mehr ganz so weit wie zuvor.